Samstag, 23. August 2014

Soweto

Der heutige Tag hatte es in sich...

Auf dem Programm stand Soweto, die South-Western-Township, einige Kilometer ausserhalb von Johannesburg. Diese Stadt hat heute drei bis vier Millionen Einwohner - je nach Quelle - und kaum eine Infrastruktur. Wenige Schulen, ein Schwimmbad, etc.

Gegründet wurde die Stadt als Teil der Apartheidspolitik Südafrikas. Es ging darum, die schwarze Bevölkerungsmehrheit nicht in der Stadt, aber doch genügend nah zu haben, damit sie als Arbeitskräfte gebraucht werden konnten... Etwas mehr zur Apartheid folgt weiter unten im Text.

Ich war unterwegs mit einem älteren chilenischen Herrn und einer Führerin - Mandy -, welche in Soweto aufgewachsen ist und heute noch da wohnt - und ganz viele Einwohner kennt, wie sich im Laufe des Tages herausstellen sollte. Daher konnten wir tatsächlich sehr vieles direkt besuchen, ohne Angst haben zu müssen, dass wir schräg angeschaut oder gar bedroht werden könnten. In einigen Quartieren hat ein überschaubarer Wohlstand Einzug gehalten mit Wohnhäusern der Mittelklasse. Mauern und Zäune gibt es dabei auch, aber weniger als in anderen Stadtteilen Johannesburgs. Gemäss Mandy seien Zäune kein Teil der Kultur Sowetos, aber leider würden sich diese Tendenzen doch auch hier immer etwas häufiger finden.

Wir gelangen an einen grossen Markt, welcher auf dem Freedom Square stattfindet. Hier wurde in den 1970er Jahren die Vision für ein freies Südafrika zu Papier gebracht. Dieses bildete 1994 auch die Basis des Regierungsprogrammes des dannzumal siegreichen ANC, welcher aber damals im - teilweise militanten - Widerstand war. Wir kaufen auch Bananen und Orangen für das Quartier, welches wir als nächstes besuchen würden. Dabei handelt es sich um eines der ärmsten des ganzen Landes.

Und die Armut ist hier tatsächlich sicht- und fühlbar. Wir treffen eine 20jährige mit ihrer dreijährigen Tochter. Sie führt uns durch die Gassen und auch zu ihrem Zuhause. Dieses besteht aus zwei kleinen Zimmern, die 9 Personen als Heim dienen. Es zieht und offensichtlich ist die Behausung auch nicht wasserdicht, wenn es regnet.

In den Gassen stapelt sich der Abfall, ein einziger Hahn dient als Wasserstelle für das ganze Quartier und Strom gibt es nicht mehr, seit die illegale Leitung abgebaut wurde. Der Radio läuft mittels einer Autobatterie, die immer wieder aufgeladen wird. Und gekocht wird auf einem kleinen Herd mittels Holz.

Die Kinder sind ganz aus dem Häuschen ob des Besuches und alle wollen unsere Haut berühren. Mandy holt die mitgebrachten Früchte aus dem Auto und die Kinder stürzen sich freudig drauf. Einem Mädchen helfe ich bei der Banane, da es nicht wusste, dass man diese erst schälen soll. Ich fühle mich ziemlich ohnmächtig in der Szene. Es ist ein bleibendes, aber heftiges Erlebnis.

Im Anschluss fahren wir noch zu Orten des Widerstands gegen das Apartheidsregime und sehen weitere Quartiere unterschiedlichsten Wohlstandes.

Nach Abschluss der Tour lasse ich mich beim Apartheidsmuseum ausladen. Es handelt sich dabei um ein neu und aufwändig gemachtes Museum, welches die Geschichte und Folgen sowie die Überwindung der Apartheid thematisiert.

Es ist heftig, wie radikal und mit welcher Verachtung das damalige Regime diese Politik durchgesetzt hat. Alle Menschen wurden in eine von vier Kategorien eingeteilt: White, Coloured, Asian, Black. Die Rechte der Menschen waren abhängig von dieser Einteilung. Die Städte sollten den Weissen vorbehalten sein und viele Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben in die sogenannten Townships - zum Beispiel eben nach Soweto. Solche Townships gab es aber im ganzen Land, immer im Bestreben, die Städte "rein" zu halten, die Arbeitskräfte, die aber vor allem in den Minen gebraucht wurden, in greifbarer Nähe zu halten.

Diese Politik wurde trotz Widerstand mit aller Härte durchgeführt. 1976 gab es erste Aufstände, die in den 1980er-Jahren immer heftiger werden sollten. Doch erst zu Beginn der 1990er-Jahre wurde Nelson Mandela als wichtigste Symbolfigur aus dem Gefängnis entlassen und wurden die Apartheidsgesetze abgeschafft. Unter anderem auch auf ausländischen Druck hin, vor allem aber weil sich die schwarze Bevölkerungsmehrheit nicht mehr länger unterdrücken lassen wollte. Mit verschiedenen, durchaus kreativen, Methoden drückten sie ihren zivilen Ungehorsam aus.

Diese beiden Besuche in Soweto und im Museum, die ja auch in direktem Zusammenhang stehen, waren ungemein eindrücklich und spannend. Aber sie liessen mich auch sehr bedrückt zurück. Denn auch wenn das Land mittlerweile zur freien Regenbogennation wurde, sind doch die Unterschiede und Abschottungsbestrebungen weiter greifbar, wenn man sich durch die Stadt bewegt.

Ich bin sehr gespannt, wie sich Cape Town anfühlen wird. Diese Stadt im selben Land, die aber von einer ganz anderen Stimmung geprägt sein soll. Aber diese Frage werde ich erst in etwas mehr als drei Wochen beantworten können. Zuerst geht es morgen zu den Victoria Falls und damit zurück in die Wärme. Dafür wohl etwas weg von der Infrastruktur, so dass es sich weisen wird, wie regelmässig ich die nächsten Posts verfassen kann. Doch möchte ich weiterhin täglich meine Erfahrungen notieren, allenfalls kommen dann halt einfach einige gesammelt aufs Netz.

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