Dienstag, 11. November 2014

Velez Sarsfield vs River Plate

Argentinien und Fussball... das gehört zusammen, zumindest wenn ich den meisten glauben darf, die ich in diesen Tagen getroffen habe. Das Achtelfinale Argentinien-Schweiz ist auch in jeder Taxifahrt ein Thema, wenn ich gefragt werde, wo ich herkomme... Und daher wollte ich mir die Chance nicht entgehen lassen, hier ein Spiel live zu erleben :-)

Es ist nicht einfach, an selbst an Tickets zu kommen, da seit einigen Jahren keine Gästefans mehr zugelassen sind bei den Spielen, da es in den Jahren zuvor immer wieder zu Ausschreitungen gekommen ist, teilweise mit Todesfolgen. Und daher können die Tix nicht einfach online bestellt werden, da sich ansonsten doch Gästefans in Stadion schleichen könnten... Und da ca. zwei Drittel und darunter alle grossen und wichtigen Clubs aus dem Metropolitanraum Buenos Aires kommen, hilft auch die mögliche Distanz in diesem grossen Land nicht gross weiter. Es gibt jedoch Anbieter, welche Touristen ins Stadion bringen, denn wir sind ja ungefährlich ;-) Dies macht es teurer, aber komfortabler, denn ich werde im Hostel abgeholt und so sind wir zu zehnt aus China, Australien, Frankreich, Chile und Kolumbien, um uns dieses Spiel anzusehen, welches auch live als Spitzenspiel am TV übertragen wird.

Die Szenen vor dem Stadion gleichen den unseren, die Fans strömen aus allen Richtungen zu den Eingängen, um an den Toren kontrolliert zu werden. Es soll nichts Flüssiges oder als Wurfgeschoss taugliches ins Stadion gelangen. So weit die Theorie. Doch da im Inneren geraucht werden darf, wofür das "Wurfgeschoss" Feuerzeug vonnöten ist, versuchen viele, ein solches hinein zu schmuggeln, was auch nicht weiter schwierig ist. Und so kann es dann zur witzigen Situation kommen, dass ein Polizist einen Zuschauer um Feuer bittet ;-) Wenn die Kontrolle überstanden ist, kann das Feuerzeug offen verwendet werden...

Das Stadioninnere sieht dann anders aus als bekannt, es hat nur einen kleinen Stand mit Esswaren oder Getränken, aber keine weitere Infrastruktur - welch ein Unterschied zum Eishockey in den USA! Die Sitze sind nicht nummeriert, doch da die meisten erst kurz vor Anpfiff (21:30) vom Abendessen kommen, haben wir sehr gute Plätze nah am Spielfeld und mit guter Sicht auf die Fankurve. Ich denke, das Erlebnis hier könnte ich mit "back to the roots" betiteln, es hat keinen Videowürfel oder ähnliches, nicht einmal eine Anzeigetafel mit einer Uhr oder dem Spielstand oder etwas ähnlichem. Einzig eine kleine Tafel, auf welcher vor dem Spiel Werbungen gezeigt werden können, die z.T. vom Speaker live vorgelesen werden, hängt über der Kurve.

In dieser macht eine Gruppe - in Europa würden sie wohl Ultras genannt, aus Gründen der Stimmung gleichermassen wie aus Gründen der von ihnen ausgehenden Gewalt und Kriminalität - ununterbrochen Stimmung mit vielfältigen Gesängen und Tänzen. Dies sorgt zum einen für eine tolle Stimmung, zum anderen ist es aber auch speziell, da einfach durchgefeiert wird, mehr ider weniger unabhängig vom Geschehen auf dem Spielfeld...

Und ohne Gästefans fehlt eine gewisse Energie, die sich andernorts aufgrund der aufschaukelnden Gesänge bieten kann. Dafür ist es im Stadion sehr friedlich, nur als ein Fan im Trikot von River gesichtet wird, gibt es kurze Aufregung, doch wird er von der Polizei schnell angeführt... Wir sehen ein gutes Spiel, insbesondere die erste Halbzeit wird in grosser Intensität geführt mit vielen Torchancen. Beim Führungstreffer für Velez explodiert die Stimmung kurzfristig, beim Ausgleichstreffer wird es - aufgrund der fehlenden Gästefans - kurzfristig sehr still. Aber kurze Zeit später erschallen die nächsten Gesänge aus der Kurve. Eine weitere Folge dieser Ticketpolitik ist, dass ein ganzer Teil des Stadions leer bleibt, was schade ist. Doch die anwesenden Fans fiebern mit einer ansteckenden Leidenschaft mit! Auf allen Rängen, nicht nur in der Kurve, wird gesungen und gefeiert und geflucht, je nachdem, was gerade angemessen scheint...

Es bleibt beim 1:1 und so machen wir uns um eine sehr interessante Erfahrung zurück ins Zentrum.




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