Ein neues Abenteuer erwartet uns :-) In den nächsten Monaten soll es uns in den Norden, Osten und Süden führen - und findet Ihr hier immer wieder Berichte und Bilder. P.S. Die gesammelten Berichte der Weltreise 2014 und der Reise in die Antarktis etc. finden sich als pdf-Link bei den Daten und 17. 9. 2021 und 21. 3. 2023
Freitag, 30. August 2024
Tag 48 – Seoul – DMZ (Donnerstag, 29. August)
Heute heisst es ganz früh aufstehen. Ich habe mich doch für die Tour in die demilitarisierte Zone (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea entschieden. Die Tour war für 7.30 angesagt, aber da die Bus-Touren keine Tickets im Voraus buchen können, gibt es ein First-Come-First-Serve-System. Und so muss ich um 5.40 los, damit ich um 6.20 beim Treffpunkt bin.
Der Spaziergang durch die Dämmerung ist sehr schön, die Temperatur noch angenehm und die Strassen ziemlich leer. So komme ich nach einer knappen halben Stunde an – und pünktlich geht die Fahrt mit dem Car los in Richtung DMZ. Wir fahren zuerst nach Westen durch weitere Quartiere der Megacity Seoul und haben immer wieder freien Blick auf den Fluss «Han», welcher sehr breit ist und über welchen grosse Brücken führen.
Nach einer knappen Stunde kommen wir beim «Imjingak Park» an. Hier findet sich ein sehr grosser Parkplatz – und hier können die Tour Guides die Tickets für den Einlass kaufen. Der früheste Einlass ist um 9.00 und dann kann pro 10 Minuten ein Bus in die Zone. Wir sind einer der ersten Busse und werden daher um 9.40 losfahren können. Sprich, das dauert noch etwas… Aber dieser Ort scheint gefühlt gemacht dafür, noch Zeit füllen zu können. Mich irritiert das Nebeneinander von Örtlichkeiten, welche für die Betroffenen eine grosse Wichtigkeit haben und einem Lunapark, der aber immerhin erst später zu öffnen scheint…
Hier findet sich z.B. der «Mangbaedan Altar». Hier kommen bis heute Vertriebene aus Nordkorea hin, um gemeinsam den Verlust der Heimat zu betrauern oder Soldaten aus dem Krieg, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten. An einem Stacheldraht hängen Nachrichten für die Familien im Norden, mit welchen es keine Möglichkeit des Kontaktes mehr gibt – seit 70 Jahren.
Im Zentrum direkt nebenan kann dann im Dunkin Donut ein Frühstück geholt werden oder gleich daneben echtes nordkoreanisches Geld gekauft werden. Von letzterem kaufe ich sogar eine Note…
Dann gibt es die Möglichkeit, mit einer Gondel den Fluss hier zu überqueren und eine ehemalige US-Armeebasis zu besuchen, welche in ein interessantes Museum umgewandelt wurde.
Zwei Stunden später bin ich dann zurück im Bus und geht die Fahrt in Richtung der sogenannten «Civilian Control Zone» (CCZ). Die stark gesicherte Grenze zwischen Nord- und Südkorea lässt sich unterteilen in die eigentliche Waffenstillstandslinie, die DMZ und diese CCZ. Letztere ist zehn Kilometer breit und – im Gegensatz zur DMZ – vom Militär strikt kontrolliert.
Eigentlich hätte mich vor allem die Tour in die eigentliche DMZ, nach Panmunjeom, interessiert. Hier kontrolliert die UNO die Grenze und waren bis letztes Jahr auch Besuche möglich. Doch nachdem ein US-amerikanischer Soldat, der als Tourist eine solche Tour besuchte, nach Nordkorea desertiert ist, sind diese Touren bis auf weiteres ausgesetzt. Daher bleiben wir in der CCZ, welche wir nach dem militärischen Checkpoint erreichen.
Hier fahren wir durch grosse Felder, auf welchen vor allem Reis und Ginseng angebaut wird. Es leben nur rund 500 Menschen in dieser Zone, die meisten davon im sogenannten «Unification Village», in welchem wir Mittagshalt machen werden. Diese Menschen leben fix in dieser Zone, zahlen keine Steuern, haben gratis Gesundheitsversorgung – müssen aber fast immer in der Zone sein und sich jedes Mal kontrollieren lassen, wenn sie diese verlassen oder betreten möchten – und der Checkpoint schliesst um 22.00…
Der erste Halt innerhalb der CCZ ist der «third infiltration tunnel». Nordkorea hat immer wieder versucht, Tunnel unterhalb der Grenzlinie zu graben, um diese für einen Angriff nutzen zu können. Vier solcher Tunnel sind dokumentiert und stillgelegt – der dritte wurde 1978 entdeckt, nachdem ein desertierter nordkoreanischer Soldat davon berichtet hat. Bevor wir in den Tunnel gehen, gibt es einen Info-Film. Dieser ist fast schon verstörend inszeniert mit einem kruden Mix aus tatsächlicher Gefahr, lächerlich gemachten Katastrophenszenarien und idyllischer Natur… Der Tunnel darf begangen, aber nicht fotografiert werden, es ist ein knapp eineinhalb auf eineinhalb Meter grosser Stollen, der an einer Wand endet.
Fotos können dafür danach gemacht werden, an einer Fotowand, so dass fürs Foto auf die Grenzlinie auf dem Poster gestanden werden kann – oder bei den grossen farbigen Buchstaben «DMZ». Hierfür muss jedoch angestanden werden – und wirklich in der DMZ sind wir gar nicht… Dafür gibt es überall die Möglichkeit, einmalige Souvenirs zu kaufen, da es die einzige DMZ der Welt sei! Hier wird mir nochmals bewusst, dass es wirklich schade ist, dass die geplante Tour nicht möglich ist, aber es ist ein sehr interessantes Anschauungsbeispiel darüber, wie Tourismus inszeniert werden kann.
Danach machen wir Mittagshalt im besagten Dörfchen – hier könnten wir «eat with the locals», da es das einzige Restaurant in der ganzen Zone sei. Ich habe mein Picknick dabei und setze mich auf die schattige Treppe vor der Terrasse – und beobachte, wie im Zehnminutentakt ein Bus nach dem anderen durchgeschleust wird für ein hastiges Zmittag. Wie viele «locals» da tatsächlich angetroffen werden, bleibt eine offene Frage…
Danach fahren wir schon wieder aus der Zone, um zu einem Aussichtspunkt zu gelangen. Das in den letzten Jahren genutzte «Observatory» kann nicht mehr genutzt werden, da Nordkorea Sichtschranken installiert hat. Bei allem Klamauk, den wir in den letzten Stunden gesehen haben, ist die Bedrohungslage und die gegenseitige Propaganda sehr real. Dies ist auch ersichtlich an den eindrücklichen Sperranlagen, welche schon die DMZ abriegeln. Und die von uns besuchte CCZ ist eine zusätzliche Pufferzone.
Unser Tourguide Nancy liefert während der ganzen Fahrt interessante Informationen über den Koreakrieg (1950 – 1953) und die Situation im Land und an der Grenze, welche alleine die Tour wert waren. Ein interessanter Fakt sind die sogenannten «Defectors». Dabei handelt es sich um nordkoreanische Flüchtlinge, welche es nach Südkorea geschafft haben. Die innerkoreanische Grenze ist nicht passierbar, daher wählen Flüchtende den Weg über China und dann weitere Staaten. Diese werden im Süden erst auf Spionage «getestet» und erhalten dann finanzielle Unterstützung und einen Schnellkurs, wie das Leben im Kapitalismus funktioniert. Dies reiche jedoch bei weitem nicht und so gebe es soziale Probleme mit ihnen.
Nach einer halben Stunde Fahrt kommen wir am «Odusan Unification Observatory» an. Dies ist ein grosses Gebäude mit Aussichtsterrasse auf einem Hügel – direkt am Fluss gelegen, welcher hier die Grenze darstellt. Und so ist auf der anderen Seite dieses Flusses Nordkorea gut zu sehen. Dieser Halt ist für mich mit Abstand der eindrücklichste der ganzen Tour, auch wenn er nicht mehr in der speziellen Zone liegt. Es ist faszinierend und bedrückend, so nah und gleichzeitig so fern zu sein.
Es sind Ferngläser installiert und in einem kleinen Kino laufen Aufnahmen, welche mit einem besonderen Zoom gemacht wurden – so wird die Nähe wieder inszeniert, aber sie ist auch ohne diesen Schnickschnack real fassbar. Zudem ist die Landschaft hier sehr schön, der Zusammenfluss der beiden Flüsse an einem Ort, welcher durch die Gezeiten geprägt ist, hinterlässt glänzende Sandinseln und viele leuchtende Farben.
Im Inneren des Gebäudes hat es Ausstellungen, die mir einen bleibenden Eindruck machen. Zum einen hat es Bilder von getrennten Familien und Schriftstücke dazu. Zum anderen haben Vertriebene auf Kacheln ihre Dörfer gezeichnet – als Plan oder Zeichnung. Diese hängen hier gesammelt an der Wand, als Ausdruck der verlorenen Heimat, welche (wohl) nie wieder besucht werden kann. Dies ist bewegend und vermittelt die Ernsthaftigkeit, welche mir an den anderen Stopps gefehlt hat.
Und es hat einen KTX-Zug mit der Aufschrift «Seoul – Paris». Das Land leidet unter der Isoliertheit am Süden der Halbinsel, welche im Norden mit dem Festland verbunden ist…
Mit diesen Eindrücken geht die Fahrt zurück in die Hauptstadt – der Fluss Han, der hier zu sehen war, ist der Fluss, welcher durch Seoul fliesst. So fahren wir diesem entlang, zuerst mit vielen Grenzsicherungen und dann ohne. Und erreichen von Westen her kommend wieder das Zentrum. Ich finde die Fahrt interessant, da ich viele weitere Teile und Seiten der Stadt erkennen kann.
Zurück im Hotel nutzen wir die Möglichkeit, dass es hier Waschmaschinen gibt und bringen unsere Koffer auf Vordermann – und beginnen mit den Planungen und Buchungen für Japan, wo wir am Montag ankommen sollten.
Den wiederum lauen Abend verbringen wir in unserem Quartier. Wir machen einen Spaziergang und setzen uns dann an einen der Plastiktische, die am Abend überall auf die Trottoirs gestellt werden, um etwas zu essen. Und schlendern dann noch einmal im grossen Bogen durchs Quartier und geniessen den schönen Abend.
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