Donnerstag, 2. März 2023

1.3. – Rio – Corcovado – Favelas – Strand

Am frühen Morgen werde ich vom Sonnenaufgang über der Copacabana geweckt – und mache mich grad auf den Weg nach draussen. Die Luft ist nach dem Gewitter schön frisch und das Licht wunderschön! Es sind keine Wolken zu sehen, daher bleibe ich grad wach und esse grad schon Frühstück und mache mich bereit für den Tag – und für den Corcovado. Eine kleine Zahnradbahn führt in rund 20 Minuten hinauf zum Gipfel, und ich bin bereit für die allererste Bahn am Morgen :-) So muss ich nicht anstehen und auch oben ist das Gedränge noch sehr überschaubar. Die Fahrt hinauf ist toll und führt durchs dichteste Grün. In Rio ist es immer entweder Stadt – oder dann grad schon fast Dschungel, z.T. auf sehr kargem Felsboden. Dieser Gegensatz ist faszinierend. Oben angekommen sind noch einige Treppen zu nehmen und dann stehe ich vor der riesigen Statue. Dies ist eindrücklich und es findet sogar grad noch ein Gottesdienst mit Musik statt, was einen schönen Rahmen gibt. Aber ich bin nicht für die Statue gekommen, sondern vielmehr für die Aussicht von diesem Hügel auf die Stadt und die Bucht. Hat sich das frühe Aufstehen gelohnt? JA!! Die Aussicht und der Rundblick sind atemberaubend und das Wetter passt perfekt :-) Und da es erst wenige Leute hat, kann ich auch an bester Lage einfach gemütlich eine halbe Stunde verweilen und diese Sicht auf mich wirken lassen. Im Anschluss beobachte ich noch etwas all die anderen hier, welche passend zur Statue posieren oder sich für ihre Selfies inszenieren ;-) Mit der Zeit kommen dazu erste Nebelschwaden, welche die Aussicht immer wieder etwas verändern. So wird mir auch nach einiger Zeit nicht langweilig. Irgendwann ist’s mir dann aber doch bereits zu warm, weil hier die Sonne direkt hinscheint. Und so mache ich mich zurück zur Bahn für die Rückfahrt. Unten angekommen mache ich noch einen kurzen Spaziergang zu einem herzigen kleinen Platz – und entscheide mich danach, mit dem öffentlichen Bus zurückzufahren. Diese Fahrt dauert über eine Stunde (im Unterschied zur Viertelstunde im Taxi auf dem Hinweg), aber ist grad eine schöne Möglichkeit, unterschiedliche Viertel der Stadt zu durchfahren und betrachten. Allgemein ist festzuhalten, dass die Stadt an vielen Orten nicht einladend wirkt. Dies hängt zum einen mit den vielen Zweckbauten zusammen, zum anderen aber vor allem damit, dass insbesondere Wohnblocks jeweils sehr gut gesichert sind. Und so läuft man der Strasse ständig entlang an eines Zauns, Gitters oder was auch immer. Dabei bietet die Stadt ein buntes Nebeneinander von ganz vielen, dies finde ich dafür spannend. Der Verkehr, welchen ich vom etwas erhöhten Bus gut beobachten kann, ist relativ chaotisch, ohne aber allzu angsteinflössend zu sein. Und auch wenn es mal etwas voller oder hektischer ist, brettern immer wieder Töffs mit grossem Tempo dazwischen durch. Für diese würde ich weder eine Unfall- noch Lebensversicherung anbieten wollen… Aber es ist eindrücklich, wie viele Strassen hier neben- oder übereinander führen. Es scheint mir im Vergleich zu anderen Grossstädten mehr zu sein. Auch an besten Lagen – wie z.B. der Copacabana, sind die Hotels und Restaurant von einer zweimal drei- bis vierspurigen Strasse getrennt. Nach einer Pause im Hotel geht’s am Nachmittag auf eine Favela-Tour. Solche interessieren mich aus zwei Gründen. Zum einen ist es interessant, auch weniger touristische Viertel zu sehen – und zum anderen, wie diese Tour gemacht wird. Ich war bereits an verschiedenen Orten auf ähnlichen Touren und kann so einen Vergleich ziehen. In Rio gibt es eine Vielzahl solcher Favelas. Und im Unterschied zu vielen anderen Städten sind diese nicht einfach am Stadtrand, sondern z.T. in unmittelbarer Nähe zu Quartieren des Mittelstandes oder der wirtschaftlichen Oberschicht. Wir fahren etwas in den Westen der Stadt. Die erste Favela, welche wir besuchen, ist sehr klein. Sie hat auch alle grundsätzlichen Infrastrukturen und sei sehr friedlich. Wir sind eine kleine Gruppe, eine Belgierin, ein Franzose und ich – plus unser Guide. Dieser spricht sehr gut englisch und sein hauptsächliches Anliegen ist, uns zu zeigen, wie schlecht das Land regiert wird. Die Stadt und der Staat schaffe es nicht – und wolle es auch nicht schaffen – die Kriminalität und den Drogenhandel zu unterbinden und grundsätzliche Dienstleistungen wie Bildung, Verkehrsinfrastruktur, Abfallbeseitigung etc. zu gewährleisten. Und all dies werde immer schlimmer, die Korruption sei allgegenwärtig und grassierend. Die Fussballweltmeisterschaften und die olympischen Spiele seien nach dem alten Prinzip «Brot und Spiele» ins Land geholt worden, aber hätten so viel Geld gekostet, welches andernorts viel dringender und zielführenden hätten eingesetzt werden können. Diese erste Favela besteht aus gemauerten Häusern, welche zwar nicht in einem sehr guten Zustand sind, aber das Quartier würde andernorts nicht als Slum bezeichnet. So scheint mir der Begriff Favela zumindest hier breiter gefasst zu sein für Wohnorte von wirtschaftlich schwächer gestellten. Wir machen einen kurzen Spaziergang und fahren dann in die grösste Favela der Stadt. Dabei werden wir unterwegs von der Polizei angehalten, welche den Franzosen und mich auf Drogen durchsucht. Nachdem sie nicht fündig werden, dürfen wir weiterfahren. Auch diese zweite Favela ist auf den ersten Blick weit weg von einem Slum. Es hat eine Hauptachse, an welcher sich viele Läden und Bars reihen. Deutlich wird aber, dass die Erschliessung prekär ist. Neben dieser Hauptachse gibt es nur sehr kleine Gässchen, da der Raum während des Wachstums des Viertels möglichst gut genutzt werden sollte. Die Strasse windet sich im Anschluss den Berg hoch und der Verkehr darauf ist Chaos pur. Es fahren aber auch Linienbusse hierhin, welche bis ins Stadtzentrum fahren. Je weiter nach oben man kommt, desto jünger werden die Gebäude, da die Favela so von unten nach oben gewachsen ist. Weit oben angekommen, kennt unser Guide jemanden mit einer Terrasse, von welche eine Übersicht über die ganze Favela – und das unten anschliessende Quartier der Mittelschicht – bietet. Dies ist sehr eindrücklich. Im Anschluss geht es bereits wieder zurück – immer mit vielen weiteren Erläuterungen des Guides, welche spannend sind. Gemäss Uno weise dieses Quartier den schlechtesten HDI der ganzen Stadt auf. Ich weiss aber nicht, ob auch die jüngeren Favelas, die es auch hier am Stadtrand gibt, da auch untersucht wurden. Er sagt aber, dass das Quartier für jedermann sehr sicher sei – da es von Drogenbanden kontrolliert werde. Und die schauen, dass nichts passiert, da (andere) Kriminalität schlecht fürs Geschäft sei. So bin ich dann im frühen Abend zurück im Hotel – und mache mich in eine Strandbar, um eine Kokosnuss zu trinken. Dieses Kokoswasser wird überall angeboten und ist schön frisch. So sitze ich da, trinke dieses und schaue dem Strandleben zu. Gegen Sonnenuntergang wird es voll am Strand – zum einen ist für viele wohl die Arbeitszeit vorbei und zum anderen sind die Temperaturen angenehm. Eigentlich wollte ich nachher noch weiter, aber einige dies Strandbars sind kleine Restaurants und so bleibe ich grad am Strand und suche mir hier einen Ort fürs Znacht. Auf dem Weg bleibe ich aber mehrere Male stehen und schauen den «Fussball-Volleyballern» und den Beach-Ball-Spielenden zu und staune über deren Ballwechsel. Und so geniesse ich auf einer Veranda am Strand ein leckeres Znacht, bevor ich noch etwas weiter dem Strand nach spaziere mit allen Händlern, Karikaturistinnen etc. Vor allem in der Mitte des langen Strandes herrscht viel Betrieb, währenddem es in Richtung von meinem Hotel dann immer ruhiger wird. Den Abend beende ich auf der Dachterrasse meines Hotels, welche einen tollen Ausblick bietet. Und so verbringe ich einen gemütlichen Rest des Abends auf dieser Dachterrasse und tippe über all diese Erlebnisse und geniesse die Aussicht und die laue Sommerluft. Und nun tausche ich den Laptop gegen ein Buch und bleibe noch etwas hier, bevor’s dann morgen von der Grossstadt wieder weg in ruhigere Gefilde geht.

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