Wir kommen bei sonnigem Wetter im arktischen Norden von
Kiruna an. Doch bläst ein kalter Wind um die Ohren und das Thermometer zeigt
ein Minus und dann zweistellige Ziffern… Naja, damit war ja zu rechnen. Alle
Mietautos sind jedoch frei von Frost – denn sie hängen am Strom. Die Autos
haben vorne eine Steckdose, mit welcher eine Standheizung gespiesen wird, so
dass sie nicht nur eisfrei, sondern bereits angenehm warm sind.
Und so geht es los in Richtung Nordwesten und Abisko – und
allenfalls Narvik in Norwegen, so war zumindest der Plan. Doch bereits beim Autoverleih
erfahre ich, dass die Strasse geschlossen sei. Ich mache mir keine grossen
Gedanken darüber und fahre so einfach los. Wir wollten irgendwo auf der Strecke
noch kurz Halt machen, um etwas zu trinken zu kaufen, doch schnell merken wir,
dass die aufgeführten Orte auf der Karte jeweils aus kaum mehr als zwei Häusern
bestehen und somit ein Laden umsonst gesucht wird… Die Strassenverhältnisse
sind in Ordnung und so kommen wir vorerst gut voran. Doch je näher wir Abisko
kommen, desto garstiger werden die Wetterverhältnisse. Zeitweise beträgt die
Sicht noch gefühlte 2.6 Meter und das Weiss der Strasse, der Umgebung und des
Himmels gehen in einander über…
Doch erreichen wir nach einiger Zeit das Dörfchen Abisko, wo
wir einen Coop finden. Und dieser ist gut ausgestattet und bietet alles auch in
XXXL-Grössen an. Zum Beispiel enthält die kleinste Packung Rohschinken schlappe
500g. Hier decken wir uns mit dem wichtigsten ein für die nächsten Tage und
machen uns auf die letzten 10km nach Björkliden. Und dann finden wir uns kurz
vor dem Ziel im Stau! Zumindest im LKW-Stau. Nach kurzem Warten entscheiden wir
uns dafür, wie andere Autos auch die Kolonne einfach auf der Gegenspur zu
umfahren, viel Verkehr kommt uns dabei zum Glück nicht entgegen ;-) Auf
Nachfrage erfahren wir, dass diese Lastwagen aufgrund des Wintersturms der
letzten Tage und der daher geschlossenen Strasse nach Norwegen hier gestrandet
sind. Zu unserem Hotel sollten wir kommen, doch kommt bereits der nächste Stau
– ein Auto ist steckengeblieben und erst durch die gemeinsame Anstrengung aller
Wartenden kann es frei gekriegt und angeschoben werden. Dafür hänge ich fest…
Doch auch hier hilft die Muskelkraft der freundlichen Zuschauer und so fahren
wir wieder und kommen doch noch im Hotel am Berg an :-)
Dieses ist gemütlich und schön mit grossen Fenstern für die
Aussicht übers Tal – oder in den Sturm… So belassen wir es bei einem ruhigen
Abend im Hotel, in der Hoffnung, dass das Wetter gegen Abend ruhiger wird,
damit die Chancen da sind, die Nordlichter zu sehen. Ich bin ziemlich unruhig,
es wäre einfach zu schön, wenn es klappen würde und die Region ist berühmt
dafür, dass das Spektakel regelmässig gesehen werden kann. Aber halt eben
ohnehin nur, wenn das Wetter mitspielt. Daneben haben wir noch die Touren
durchgesehen, die vom Hotel angeboten werden und hoffen, dass wir morgen
kurzfristig noch etwas buchen können.
So stelle ich den Wecker auf 3.00, in der Hoffnung darauf!
Tatsächlich sehe ich die Sterne, aber leider kein Nordlicht. Ich bleibe knapp
zwei Stunden auf und stelle auch später nochmals den Wecker, doch leider
vergeblich.
Am nächsten Morgen fragen wir nach, ob wir uns noch fürs
Hundeschlittenfahren und den Ausflug in die Aurora Sky Station anmelden können
– und wir haben Glück! Wenn auch die Hunde mitsamt Schlitten aufgrund des
offensichtlich bereits seit Tagen tobenden Sturms nicht mehr hier, sondern in
der Gegend von Kiruna sind. Ein Bus fährt uns und so finden wir uns einige Zeit
später bei den Schlitten wieder. Wir sind eine Gruppe von sechs Personen und
können uns zuerst noch weiter einkleiden. Über meine Skikleider kommt ein
weiterer Winter-Overall – und so fühle ich mich wie ein Michelin-Männchen… ;-)
Aber ich werde noch froh über diese zusätzliche Schicht sein, denn es ist so
richtig kalt heute.
Wir kommen zu den Hunden, welche laut und unruhig heulen.
Einer nach dem anderen wird eingespannt, womit ihre Unruhe noch grösser wird.
Sie beginnen bereits hochzuspringen, als wollten sie Trockenübungen machen.
Nachdem alle Hunde, Schlitten und Passagiere bereit sind, kann es losgehen! Wir
sind auf zwei Schlitten verteilt und mit dem Kommando zum Start verstummen die
Hunde unmittelbar und legen sich voll ins Zeug. Und wir werden durch eine
Märchenlandschaft gezogen und gleiten durch die Felder. Der Himmel ist
wolkenlos und durch den tiefen Stand der Sonne gleisst alles im schönsten Licht
– ein tolles Erlebnis! Viel zu schnell sind dann die Stunden um und wir machen
uns auf den Weg zurück.
Für den Abend bin ich richtig nervös… Werden wir die Polarlichter
sehen? Oder bleibt es beim Schneefall und wir finden uns mitten im Nebel
wieder? Oder können wir gar nicht erst zur Skystation? Denn diese ist auf einem
Berg und wird durch einen Sessellift erschlossen. Dies ist aber nur möglich,
wenn sich der Wind in Grenzen hält.
Als wir abgeholt werden bin ich daher sehr gespannt. Zu
meiner Freude fahren wir tatsächlich zur Talstation – die erste Hürde ist
genommen. Und es sind mehr und mehr Sterne zu sehen – die Zuversicht wächst.
Abermals erhalten wir – diesmal ist die Gruppe viel grösser, ich tippe mal auf
um die 50 Personen – zusätzliche Overalls, um es auch bei diesen Temperaturen
länger draussen aushalten zu können. Bereits auf dem Sessellift bin ich sehr
froh darüber, denn die Fahrt auf dem alten Lift dauert sehr lange, umso mehr
als dass bei jedem Auf- und Absteigen der Lift gestoppt wird. Doch egal –
bereits nach einigen Minuten glaube ich, ein schwaches grünes Licht zu erkennen
– oder ist’s nur eine Wolke?
Oben angekommen sehe ich, dass es tatsächlich ein erstes,
wenn auch noch schwaches Nordlicht ist. Doch mit der Zeit wird es stärker und
weitet sich zu einem langen Band aus, das in unterschiedlicher Intensität
funkelt – und dann folgt noch mitten im Licht eine Sternschnuppe – magisch!!
Ich sitze still im Schnee und kann mich kaum sattsehen. Für etwas über eine
halbe Stunde bleibt das Licht in wechselnder Intensität und Ausprägung gut
sichtbar – nur leider schafft es meine Kamera nicht, dies aufzunehmen. Aber
halb so wild, das Erlebnis werde ich nie vergessen. Und wenn ich Glück habe,
senden mir zwei Italiener, neben denen ich sitze, einige Bilder des Abends. Im
Anschluss sind es immer mal wieder nur mehr kleine Erscheinungen, die sichtbar
sind, doch bin ich einfach nur glücklich, dass es geklappt hat :-)
Nur noch müde warten wir auf unseren Transport zurück, der
aber noch etwas auf sich warten lässt. Kurze Zeit später ist er jedoch da und
ich freue mich aufs Bett.
Am nächsten Morgen geniessen wir die grossen Fenster des
Hotels doch noch und frühstücken mit bester Sicht über das Tal und den
dazugehörenden See. Und machen uns im Anschluss auf den Weg zurück nach Kiruna.
Doch bevor wir die Rückreise antreten besuchen wir noch das Ice Hotel. Dieses
wird jedes Jahr neu aus Eis erbaut. Die grossen Suiten sind verziert mit
Eis-Kunst und sind auch im Rahmen eines Besuches zu erkunden. Es ist ein toller
Ort – wenngleich ich nicht unbedingt hier übernachten möchte. Aber die
Skulpturen aus Eis im Sonnen- oder künstlichen Licht sind sehr schön.
Wir haben noch etwas Zeit und fahren so noch eine
zusätzliche Schlaufe, in der Hoffnung, Wildtiere zu sehen. Und kurz vor dem
Ende läuft uns tatsächlich noch ein Sujet vor die Linse :-)
Müde aber glücklich treten wir die Rückreise in den „Süden“
an, um am Abend zurück in Stockholm zu sein.
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