Ein neues Abenteuer erwartet uns :-) In den nächsten Monaten soll es uns in den Norden, Osten und Süden führen - und findet Ihr hier immer wieder Berichte und Bilder. P.S. Die gesammelten Berichte der Weltreise 2014 und der Reise in die Antarktis etc. finden sich als pdf-Link bei den Daten und 17. 9. 2021 und 21. 3. 2023
Mittwoch, 17. Juli 2024
Tag 5 – Liverpool & Manchester
Auch heute beginne ich den Tag mit einem Ausflug – diesmal nach Liverpool. Aus Fehlern soll man lernen, daher versuche ich es heute mit der Trainline-App und buche die Tickets jeweils direkt für den Zug, den ich nehmen möchte. Und es funktioniert :-)
Und so sitze ich im Zug und sehe aus dem Fenster eine ähnliche Szenerie wie gestern, einfach mit mehr Feldern und Häusern und kaum mehr Wald. Die Fahrt dauert weniger als eine Stunde und schon finde ich mich am Bahnhof Lime Street in Liverpool wieder.
Heute habe ich eine «Free Walking Tour» mit guruwalks.com gebucht. Die Idee hinter solchen Touren ist, dass ein lokaler Guide eine Führung anbietet und alle Teilnehmenden zum Schluss ein Trinkgeld geben können als Dank und/oder Entschädigung. Meine Tour wird von Neil geleitet, einem sehr freundlichen und informativen Guide, der seit 69 Jahren in oder um Liverpool lebt. Wir sind eine kleine Gruppe von fünf Personen, vier kommen zusammen und leben nur wenige Minuten von Liverpool entfernt und sind einfach interessiert an neuen Informationen – und ich :-)
Und so machen wir gemeinsam einen gut zweistündigen Rundgang durch den ältesten Teil der Stadt und erhalten eine Vielzahl an Informationen, so dass sich die Tour sehr lohnt. So erfahre ich vieles über die gar nicht so alte Geschichte der Stadt, welche erst mit dem Aufkommen der Industrialisierung gross und wichtig geworden ist. Dafür so richtig!
Liverpool liegt am River Mersey, welcher hier aber bereits ein Ästuar ist. Daher ist er gut mit Schiffen befahrbar, ist aber gleichzeitig auch dem Tidenhub ausgesetzt. Dieser beträgt hier rund 10 Meter, was schwierige Voraussetzungen für einen Hafen bietet. Aber die Bauleute waren erfinderisch und haben eine Art «Floating Docks» erstellt, und zwar die weltweit grössten. So wurden die Geschäfte – und damit auch die Stadt – immer grösser und war Liverpool eine zentrale Akteurin im kolonialen Dreieckshandel.
Die Stadt wurde immer reicher und bot auch viele Arbeitsplätze. Diese wurden zu grosser Zahl von irischen Einwandernden besetzt, so dass zeitweise mehr Personen mit irischer Abstammung in Liverpool lebten als in irgendeiner anderen Stadt weltweit – inklusive Dublin!
Vom Reichtum dieser Zeit zeugen die eindrücklichen Gebäude am Hafen, welche der Hafenbehörde oder Handelsbetrieben gehörten. Doch die Deindustrialisierung hatte auch für Liverpool drastische Folgen, so dass es mehr und mehr Arbeitslose und damit auch Armut in der Stadt gab. Die damalige Ministerpräsidentin Maggie Thatcher sprach sogar von einem «managed decline» der Stadt… Die prunkvollen Gebäude seien ganz schwarz gewesen und die Stimmung in der Stadt sei schwankend zwischen Agonie, Depression und Aggression zu beschreiben gewesen. Doch den Niedergang einfach zu erdulden stellte nur eine unbefriedigende Möglichkeit dar.
So versuchte sich Liverpool neu zu erfinden – unter anderem dank üppiger Fördergelder der EU – und investierte z.B. in die Umgestaltung des Albert Docks am Hafen. Diese grossen Hafenanlagen aus Backsteinen waren nicht mehr in Gebrauch und sollten einer touristischen Nutzung zugeführt werden. Das Ergebnis überzeugt – es finden sich viele Restaurants, Shops etc. in den Gemäuern – und viele kaufkräftige Besuchende. Mittlerweile gibt es ähnliche Projekte weltweit in den verschiedensten Städten, aber hier wurde dies ein erstes (oder allenfalls fast erstes) Mal versucht. Weiter wurden die genannten prunkvollen Gebäude renoviert und erscheinen wieder in ganzer Pracht. Und wurden vielfältige Museen eröffnet, welche – zusammen mit Bewegungen aus der Kunst und aus den Universitäten – kulturelles Kapital äufneten. So dass Liverpool ein cooles Image erhielt – Livercool halt ;-)
Dieses neue Image brachte und bringt weiterhin viele Reisende aus der ganzen Welt in die Stadt, so dass der Tourismus zu einer der wichtigsten Branchen geworden ist. Viele alte Paläste sind mittlerweile renoviert und sind die Heimstätten von guten Restaurants und Hotels geworden. Und die Stimmung in der Stadt sei gemäss Neil dementsprechend sehr viel optimistischer als noch vor zwei Jahrzehnten. Es werden immer neue Häuser und Wohnungen gebaut und diese finden auch Kaufwillige. Zudem ist die Stadt geprägt von drei Universitäten und ist somit die Bevölkerung eher jung, so dass viele Möglichkeiten zum Ausgehen bestehen und auch wahrgenommen werden.
Die Gegend um die Ropewalks bietet hierzu jede Menge Möglichkeiten – um die Mittagszeit ist es aber noch schön ruhig und so spaziere ich durch die Gegend hin zur Kathedrale, welche die grösste von ganz Grossbritannien sei.
Zwei wichtige Themen der Stadt habe ich bisher noch komplett vernachlässigt – die Beatles und den Fussball. Ersteren begegne ich auf Schritt und Tritt. Insbesondere im Cavern Quarter, wo ihre Geschichte – zumindest in England – begann. Es gibt verschiedene Museen, Statuen, thematische Bars und natürlich ganz viele Souvenirs zu ihren Ehren. Die Quartiere, in welchen der Fussball die ganz grosse Rolle spielt, lasse ich hingegen weg, das Thema ist vor Ort nach dem verlorenen EM-Finale ohnehin etwas schwierig…
So mache ich mich mit vielen Eindrücken zurück an den Bahnhof, um weitere Zeit in Manchester verbringen zu können. Die beiden Städte leben seit vielen Jahrhunderten eine Rivalität auf vielen Ebenen, so dass ich es spannend finde, beide zu erkunden – und dabei einige Unterschiede, aber auch sehr viele Gemeinsamkeiten zu finden.
Zurück in Manchester machen wir uns auf den Weg von der Oxford Road Station in Richtung Westen, dem Rochdale Canal entlang. Dieser bietet sehr unterschiedliche An- und Aussichten, ein buntes Gemisch von neuen Bürogebäuden, renovierten älteren Fassaden und Häusern, die auf die Renovation noch warten… Dabei hat es einige nette Restaurants in und um alten Lagerhäusern, die nun ein hippes Publikum ansprechen. So gehen wir immer weiter und sehen auch noch einem Hausboot zu, welches eine Schleuse nutzt, da dieser Kanal immer noch in Betrieb ist und weit ins Landesinnere reicht. Nach einiger Zeit setzen wir uns ebenfalls auf eine schöne Terrasse (The Wharf) und geniessen einen Apéro mit der schönen und diversen Aussicht, die sich hier bietet. Auf dem Rückweg nehmen wir einen anderen Weg und laufen durch die neuen Türme. Am Boden hat es einiges an gut gestaltetem öffentlichen Raum, so dass es sich angenehm spazieren lässt.
Die Gegend kann stellvertretend für den Aufschwung gelesen werden, den auch Manchester nach den düsteren Jahrzehnten um 1980 erlebt. Es finden sich viele Baustellen und Entwicklungsprojekte, wenngleich diese zum Teil einen etwas spekulativen Charakter zu haben scheinen. Noch weiter im Westen steht bereits die UK Media City, welche aber zum Fliegen gekommen scheint.
Auf unserem Weg zurück in Richtung Stadtzentrum haben wir ein sehr schönes, etwas kitschig klassisch eingerichtetes Teehaus als Ziel (Richmond Tea Rooms), welches klassische Afternoon Teas anbietet. Hier geniessen wir einen leckeren Tee, feine Scones und riesige Kuchenstücke, in meinem Fall einen Chocolate Fudge Cake. Yummmmmy! :-)
Da das Wetter heute schön und auch warm ist, ziehen wir nach einer kurzen Pause dann für einen Schlummertrunk nochmals durch die Gassen. Wir sind zurück im Northern Quarter und finden uns am belebten Stevenson Square ein Tischchen. Im Anschluss spazieren wir weiter durch das Quartier – und ich habe immer wieder Freude, die vielen Gegensätze auf engem Raum zu sehen – und zu fotografieren :-)
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